Freitag, Dezember 05, 2008

Wenn er spielt

(bitte beim Lesen das Klavierspiel der „die fabelhafte Welt der Amelie“ hören)
Leise höre ich seine Klänge mein Ohr erreichen. Er ruft nach mir. Ich laufe auf Zehenspitzen seinen Tönen entgegen. Als ich den Türgriff in meinen Händen halte spüre ich wie mich der Nebel der Melodien schon durch die Tür einnimmt. Ich schließe meine Augen und nehme den Duft seiner Noten in mich auf. Ich öffne behutsam die Tür. Ich versuche meine Anwesenheit zu verbergen. Doch ich weiß, dass er mich in diesem Raum wahrnimmt, denn es ist seine kleine Welt die ich gerade betreten habe. Er füllt den ganzen Raum aus mit seiner Leidenschaft, mit der er jede einzelne Taste anschlägt. Er kann nichts sehen, denn er lebt in einer Welt dunkel wie die Nacht.
Doch wenn er spielt dann kann er alle Farben sehen. Er malt ein Blütenmeer in den Raum, in das er mich bettet. Er weiß genau wie mein Haar fällt, wie es aussieht, wenn ich nervös an meinen Locken spiele und er kann sehen, dass ich heute sein liebstes Kleid anhabe. Es ist ein weiches grün, dass er mir schenkte, weil es so gut zu meinen roten Wellen passt.
Keiner von uns beiden spricht ein Wort. Wir sind einfach nur da, er auf seinem Sitz vor seinem geliebten Piano und ich an der Tür. Ich sehe ihn an und mit jeder Bewegung sehe ich die Liebe, die er in sich trägt. Er sieht mich vielleicht nicht, aber hier und jetzt mit seinem Spiel lässt er mich Dinge sehen, die noch keiner zuvor sah. Ich sehe direkt in sein Herz und ich höre wie er sich in den Tönen verliert. Er ist im Dunkeln, doch sein Klavier leuchtet ihm den Weg. Den Weg in mein Herz hat er schon vor langem gefunden. Wohin wird ihn seine Reise heute führen?

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